von Timm Delfs

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Timm Delfs ist Publizist und Betreiber eines Fachgeschäfts für ausgefallene Uhren in Basel.

Auch wenn die Raumfahrt im Moment nicht für viel Gesprächsstoff sorgt, so ist die von ihr ausgehende Faszination dennoch ungebrochen. Hergés Tintin-Abenteuer „Objectif Lune“, die Fotos von Apollo 11 und die Zeitraffer-Filme der Erdoberfläche aus der Raumstation ISS sind Dinge, die man sich immer wieder ansehen kann.

Obschon in die nach-Apollo-Ära hineingeboren, konnte sich auch der Zürcher Betriebswirt Patrick Hohmann der Ausstrahlung von Raketen nicht entziehen. Ihm hatten es die russischen Sojus-Raketen angetan, diese Arbeitspferde, die nun bereits seit genau 50 Jahren, von der Öffentlichkeit kaum beachtet, ihren Dienst als Raumtransporter verrichten. Sie bringen Forscher, Lebensmittel und Instrumente zur ISS und tragen Satelliten in den Orbit. Alleine schon ihre Höhe von 46 Metern und ihr Gewicht von 300 Tonnen vermögen zu imponieren. Dazu kommt das beeindruckende Arrangement der 20 rot eingefärbten Triebwerke, die gut sichtbar sind, wenn die Rakete horizontal zu ihrem Startplatz transportiert wird.

Hohmanns Herz schlägt jedoch nicht nur für die Raumfahrt, sondern auch für Uhren, vor allem für mechanische. Die Geschichte der Omega Speedmaster, die als erste und einzige Uhr jemals auf dem Erdtrabanten getragen wurde, war für ihn ein perfektes Beispiel einer Marketing-Chance, die der Zufall ermöglicht hatte. Auch das Engagement von Fortis im russischen Raumfahrtprogramm war dem jungen Entrepreneur nicht entgangen. Er wunderte sich bloss, dass noch niemand auf die Idee gekommen war, eine Uhr aus dem Material zu fertigen, aus dem die Raketen bestehen. Seine Gedanken waren dabei bestimmt ein wenig von der Marke Romain Jerome und ihrer DNA of famous Legends beeinflusst, denn tatsächlich, die hatten ja sogar einmal eine Uhr vorgestellt, in deren Gehäuse Bruchstücke einer Apollo-Kapsel eingearbeitet waren. Hohmann schwebte aber eine Uhr vor, die unlimitiert und zu einem vernünftigen Preis produziert werden konnte. Bei maximal 60 Sojus-Starts pro Jahr müsste doch eine Menge Material anfallen, wenn die ausgebrannten ersten Stufen kurz nach dem Start jeweils zurück in die kasachische Wüste fallen, wo sich die russische Raumbasis in Baikonur befindet.

Hohmann schreckte nicht davor zurück, die abenteuerliche Reise in die Steppe Kasachstans auf sich zu nehmen, um sich an Ort und Stelle zu informieren, ob man überhaupt an das Material kommt, das ja nach dem Aufprall für die Raumfahrt nicht mehr weiterzuverwenden ist. Er lernte den Schrotthändler kennen, der von der russischen Raumfahrtbehörde die Erlaubnis besitzt, das Material einzusammeln und weiterzuverarbeiten. In zähen Verhandlungen und weiteren Reisen nach Kasachstan gewann er dessen Vertrauen und schaffte es, für seine Zwecke genügende Mengen des begehrten Materials zu kaufen und in die Schweiz zu schaffen. Es handelt sich um Titan aus der Aussenhaut der vier um die Rakete angeordneten Booster, sowie Stahl von den Triebwerken selbst.

In der Schweiz mussten die Metalle auf ihre Unbedenklichkeit geprüft und neu legiert werden, um die Anforderungen an die Gehäuseproduktion zu erfüllen. Ausserdem musste der Newcomer, der mit der Uhrenindustrie zuvor wenig am Hut gehabt hatte, einen Designer und einen Gehäusehersteller finden, um überhaupt an ein kommerzielles Produkt denken zu können. Fünf Jahre nach dem ersten Aufkeimen der Idee war es soweit: er hatte Uhrwerke auftreiben können, einen Designer kennengelernt, einen Gehäusehersteller für sich gewinnen können sowie einen Uhrmacher in Zürich gefunden, der ihm zusagte, die Uhren einzuschalen. Das Resultat erinnert ein wenig an Fliegeruhren anderer Hersteller, doch das Design ist klar und die Verarbeitung wertig. Entsprechend dem Ursprung des Materials gibt es Gehäuse aus dem Titan der Booster und solche aus dem Stahl der Triebwerksaggregate.

Da die Entstehungsgeschichte mehr hergibt, als man in eine Werbekampagne verpacken kann, und für eine solche ohnehin das Geld fehlte, verarbeitete Hohmann seine Notizen und Erinnerungen an das Abenteuer in Form eines Romans, der im September 2015 im Zürcher Bilgerverlag auf den Markt kam. Das Buch heisst „Werenbachs Uhr“. Werenbach ist Patrick Hohmanns fiktives Alter Ego, das im Roman den Autor antreibt, ihm nach Kasachstan zu folgen und ihm bei der Realisierung des verrückten Zeitmessers zur Seite zu stehen. Werenbach ist aber auch der Name der Marke.

Die Kollektion sportlicher Armbanduhren (wie auch den Roman) kann man online unter www.werenbach.ch bestellen. Das günstigste Modell ist für CHF 6800-. zu haben. Als Antrieb kommen die Kaliber 2892 und Valjoux 7750 von ETA zum Einsatz.