Die Tertianum Residenzen als Ort des Dialogs mit der Gegenwartskunst

Von Angela Lenz
Fotos: Europea n Art company

Was ist Kunst und was kann Kunst? Brauchen wir Kunst in unserem unmittelbaren Umfeld? Diese Fragen beschäftigen mich als Galeristin immer wieder. Besonders wichtig ist es mir, die Kunst zu den Menschen zu bringen. Daher nehme ich sie immer wieder heraus aus meiner Galerie im süddeutschen Badenweiler und stelle sie in öffentlichen Institutionen aus. Sehr wesentlich ist dabei die Qualität, die Qualität der Werke selbstverständlich, aber auch die Qualität der Präsentation. In den Residenzen der Tertianum AG habe ich einen Ort gefunden, der sich in hervorragender Weise für die Auseinandersetzung mit der Kunst eignet. Meine erste Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Tertianum AG war 2007 im damaligen Seehotel «Kronenhof» in Berlingen.

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Seitdem sind mit verschiedenen Residenzen Ausstellungen mit zeitgenössischer Malerei und Skulptur konzipiert worden. Kunst soll, wo immer man ihr begegnet, zum Nachdenken auffordern. Sie hilft uns, Fragen zur eigenen Wahrnehmung zu stellen und im besten Fall vermeintlich Bekanntes neu zu entdecken. Der Dialog mit der Kunst beginnt deshalb bereits beim Aufbau der Ausstellung. Der Raum wandelt sich, jede Präsentation schafft ihre eigene Atmosphäre. Selbst für Menschen, die sich nicht unmittelbar für Kunstausstellungen interessieren, wird die Tagesroutine für einen kleinen Moment unterbrochen. «Einige Künstler regen zu heftigen Diskussionen an. Aber wir achten natürlich immer darauf, dass die Gefühle unserer Gäste durch das Gezeigte nicht verletzt werden», bemerkt Christian Caflisch, Direktor der Residenz Segeten. Als dort ein Bild der Freiburger Künstlerin Ruth Gast aufgehängt wurde, kam es zu einer spontanen Auseinandersetzung. «Nein, die Frau mit der freizügigen Haltung im Bikini kann da nicht hängen bleiben», fand ein Gast. «Aber es ist doch eine gute Bildkomposition und überhaupt nicht anzüglich», war die direkte Antwort einer Freundin.

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Die Kunstwerke regen zum Gedankenaustausch an, sie sollen Themen zur Diskussion stellen, die sich im besten Fall zu einem lebhaften Gespräch entwickeln. Auf die Frage, wie die  grundsätzliche Resonanz und Akzeptenz bei den Bewohnern ist, entgegnet Raymond Neumann, Direktor der Residenz Bellerive: «Die Mehrheit der Gäste schätzen die wechselnden Ausstellungen. Für jene, die sich nur wenig für Kunst interessieren, stellt es vielleicht nur eine willkommene Abwechslung dar. Die meisten unserer Gäste haben aber selber während der vergangenen Jahrzehnte Kunst gesammelt. Bei einzelnen Personen sehe ich auch ein ausgeprägtes und sehr umfassendes Kunstverständnis. Diese Gäste freuen sich über die Gelegenheit, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Es kamen aber auch schon mal kritische Rückmeldungen. Dann nämlich, wenn ein oder mehrere Exponate nicht gefielen. Kunst ist halt Geschmackssache.» Und, wie es eine Residenz-Bewohnerin einmal ausdrückte, «Kunst ist, wenn es in einem selbst etwas auslöst». Die Bilder und Skulpturen schaffen Freiraum für neue Gedanken.